Rezension: Im Durcheinanderland der Liebe

" Aber die Liebe kann nicht fortdauern, wenn man zwischen Mann und Frau keine guten Regeln des
Austauschs hat. Jeder muss zufrieden sein. ( Lelord)
Der vorliegende Roman des französischen Psychiaters Francois Lelord mutet vordergründig wie einen Kulturvergleich zwischen den Kablunaks (Franzosen) und den Inuit an.

Dem Autor geht es aber meines Erachtens ausschließlich darum dem Leser zu verdeutlichen , weshalb in modernen Liebesbeziehungen so viel Unzufriedenheit eingekehrt ist.

Die Inuit - Story dient als Plattform die Gründe hierfür aufzuzeigen und beim Leser ein Aha-Erlebnis zu erzeugen.

Der junge Inuit Ulik gelangt als Botschafter seines Stammes nach Paris. Hier sind die Verhaltensmuster andere als im hohen Norden. Zunächst ist alles für ihn unverständlich. Er ist es nicht gewohnt alleine in einem Zimmer zu schlafen. Die Einsamkeit, die er fühlt, empfindet er als Strafe. In seinem Land hält man sich im Iglu mit den Seinen gemeinsam auf, auch auf der Jagd ist man zumeist mit der Gruppe zusammen. Alleinsein wäre zu gefährlich. Nur Menschen, die einen großen Fehler begangen haben , werden dazu verurteilt als Verdammte allein zu leben.

Alles ist wohlgeordnet. Männer und Frauen haben ihre Aufgaben zu erfüllen und sind zufrieden mit dem, was sie tun. Die Liebe ist ein Austausch von Geschenken zwischen zwei Menschen , die einander brauchen. Man lebt mit der Natur, tat es zumindest solange bis die Kablunaks dort eine Erdölstation errichteten.

Ulik, der sich in eine hübsche Inuit verliebt hat, muss fortwährend an sie denken, seit er auf Reisen ist. Dies hindert ihn jedoch nicht mit einigen Französinnen beizuschlafen. Er genießt es einen Menschen neben sich im Bett zu haben, doch es plagen ihn Gewissensbisse.

Bei den Medien in Frankreich ist Ulik schnell beliebt. Die Frauen mögen ihn besonders, möglicherweise weil er die Eigenschaften ausstrahlt, nach denen sich auch emanzipierte Frauen bei einem Mann sehnen. Ulik ist liebenswürdig, höflich und charmant und bereit Frauen zu beschützen. Er zeigt Stärke und weiß, dass Frauen diese zu schätzen wissen, nicht nur im hohen Norden. Die jungen Kablunaks können auf all diese Eigenschaften nicht mehr zurückgreifen. Sie haben ihre alten Rollenmuster verlernt und sie nicht wirklich durch neue ersetzt. Sie sind untreu und unzuverlässig. Dies sind Gründe, weshalb immer mehr Frauen im Land der Kablunak lieber alleine leben, besonders in der Hauptstadt. Sie möchten keine seelischen Schmerzen zugefügt bekommen.

Als Ulik den Gründen für das Alleinsein nachgeht, erfährt er zudem. :" Je höher eine Frau qualifiziert ist, desto mehr riskiert sie, ledig und kinderlos zu bleiben. Bei Männern ist es umgekehrt. Eine hübsche Sekretärin wird es letztlich immer leichter haben, unter die Haube zu kommen, als eine junge Frau mit Studium, die höhere Ansprüche hat und etlichen Männern Angst einjagt. Was eine Menge über die männliche Libido verrät..."

Die alleine lebenden Frauen möchten diese Tatsachen nicht zugeben , verkrampfen und begeben sich in Abwehrhaltung, wodurch sich ihre emotionale Situation natürlich nicht bessert.

Ulik begreift, dass die gegenseitigen Erwartungshaltungen von Männer und Frauen in Paris zu großen Schwierigkeiten und viel Kummer führen. Offenbar haben sich zwar die gesellschaftlichen Bedingungen aber nicht die tiefsten Wünsche der Menschen - ganz gleich wo sie leben - verändert. Man hat verlernt sich in der Liebe gegenseitig zu verschenken und will nicht mehr wissen, dass man sich gegenseitig braucht. Diese Gegebenheiten scheint der Auslöser für die große Unzufriedenheit in Liebesbeziehungen zu sein.

Ein sehr schöner Roman!

Empfehlenswert!




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