Rezension: Kumbh Mela - Das größte Fest der Welt von Ilija Trojanow

Welche Farbe hat das Leben?,

Der 2006 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnete Schriftsteller Ilija Trojanow möchte gemeinsam mit dem Fotografen Thomas Dorn durch dieses Buch Interessierten "Kumbh Mela" nahebringen. Es handelt sich hierbei um eines der größten hinduistischen Pilgerfeste , bei dem sich an bestimmten Tagen, beispielsweise an Sonnen- und Mondfinsternissen u.a., Pilger zusammenfinden, um zur Reinigung von Körper und Seele im Wasser der heiligen Ströme Indiens zu baden.

Festorte sind Hardwar am Ganges, Ujjain am Sipra, Nasik an der Godavari und vor allem Allahabad am Zusammenfluss des Ganges, Yamuna und Sarasvati.

Das Fest ist mit einer Versammlung von Asketen( Sadhus) und Yogis verbunden.

Trojanow berichtet sehr spannend von diesem Fest auf dem sich bis zu fünfzig Millionen Menschen versammeln. Man liest von echten und falschen Sadhus und den Ritualen vor Ort.

Anhand der vielen, beeindruckenden Fotos erhält man einen guten visuellen Eindruck, von dem, was sich dort abspielt. Aus dem ganzen Land kommen die Pilger in Bussen, Jeeps und Zügen.

Man hat die Gelegenheit in viele Gesichter einfacher, sehr ernster Pilger zu blicken, in Gesichter, die oft von Kummer und Leid gezeichnet sind.

Man sieht wie sich Knaben in Frauen und Kinder sich durch Schminke scheinbar in Götter verwandeln und Hunderte von Menschen den Worten eines Eremiten lauschen. Gelungen sind die Momentaufnahmen von den Zeltstädten und die Gebetsstimmung bei den Massen am frühen Morgen... Das Mantra des Friedens ertönt überall und Gott wird in achthundertacht Namen gerufen.

Man sieht wie prächtig gekleidete Menschen mit Booten in die Flussmitte fahren, um dort zu baden und der Göttin ein Geschenk darzureichen, das von der Gilde der Taucher später gehoben wird. Bei den Pilgern gibt es keine Hoffnung, die nicht vertreten wäre. "Die Hoffnung auf zwischenzeitliche Heilung, aber auch jene auf ewige Errettung, die erreicht, wer nicht nur in Ganga taucht, sondern sich ihr verschreibt...."

Man sieht die Gurus auf reichgeschmückten Wagen wie Könige thronen, gefolgt von ihrem Fußvolk und alle möglichen Sekten, tanzend, singend, betend.

Die allgegenwärtigen Feuerrituale erinnern an die zentrale Stellung des Opfers im religiösen Leben der vedischen Periode.

Beeindruckend ist das Bild eines jungen Sadhu aus Varanasi, der wie man liest, schon drei Jahre Tag und Nacht auf einem Bein verharrt. Neun Jahre sollen ihm noch bevorstehen....und immer wieder sieht man in die Gesichter der Pilger. Neben einer Portraitaufnahme eines jungen Sadhus, dessen Gesicht mit Sand eingerieben zu sein scheint, steht ein kleiner Text aus den Upanishaden, den ich gerne wiedergeben möchte, weil er bezeichnend ist für den hinduistischen Glauben:

Wie eine Raupe,

wenn sie das Ende des Grashalms erreicht hat,

einen anderen ergreift

und sich zu ihm hinüberzieht,

so ergreift die Seele, wenn sie den Körper abgeworfen hat,

einen anderen Körper

und zieht sich zu ihm hinüber.

Man lernt Bilder von der Initiation kennen. Wer an diesen Tagen initiiert worden ist, gehört fortan einer Bruderschaft, einem Orden oder einer Solidaritätsgemeinschaft an.

Immer wieder sieht man tanzende und singende Sadhus.

Für die Pilger sind Vorträge und Unterweisungen ein zentraler Teil der Kumbh Mela.

Man erfährt, dass sich in jedem Pilgerlager ein eigener Guru aufhält. Es sind Lehrer, Kumpel, Schamanen, auch Lebensberater. Besonders bei reichen Pilgern finden Gurus Gehör. Auffallend ist der fast entrückte, vielleicht auch weise Blick dieser Männer.
Wundervoll sind die Fotos vom heiligen Bad. Man erlebt visuell die Prozession der Nagu Sadhus. Der zeremonielle Anführer der Akhara reitet an der Spitze der Prozession.

Keiner kann die Pilgermenge mehr zählen, alles strömt zum Wasser in irrer Eile.

Trojanow spricht von Reinigungsgier, die - die Bilder zeigen es -auch unzweifelhaft vorhanden ist.

Wunderschön sind zwei Fotos von Pilgern nach dem Bad. Beide Bilder strahlen einen unendlichen Frieden aus.

Mich hat das Zitat aus der altindischen Shokla neben einem dieser beiden Fotos sehr berührt. Mit diesem Zitat möchte diese Rezension beenden:" Ebenso wie eine Tontasse sich in Erde oder eine Welle im Ganges, wird das All sich in mir auflösen."

Ein eindrucksvolles Buch.





Zum sinnlichen Einstimmen  ins Buch empfehle ich:







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