Rezension: Kunstbuch-Van Eyck, Dürer, Tizian...: Die Porträt-Kunst der Renaissance

"Was aber die Schönheit sei, daß weiß ich nit." ( Zitat: Albrecht Dürer)

Dieses Kunstbildband ist der Katalog zur Ausstellung "Renaissance Faces: Van Eyck to Titian", die vom 15.10.2008 bis zum 18.10.2009 in der National Gallery in London gezeigt wurde.

Dem Bildteil gehen folgende Essays voraus: "Zeugnis von Gesichtern, Gedenken an Seelen" von Luke Syson," Die Herstellung von Porträts " von Lorn Cambell, " Das Porträt der Renaissance- Funktion, Verwendung und Zurschaustellung " von Jennifer Fletcher und " Das höfische Porträt" von Miguel Flamomir.

Die Gemälde sind untergliedert in: Erinnern; Identität, Attribute, Allegorie; Liebeswerben und Freundschaft; Familie; Liebe und Schönheit; Porträtzeichnungen und Herrscherportäts.
Die Renaissance (1350- Mitte des 16. Jahrhunderts) ist die Zeit der Wiedererweckung des klassischen Altertums und des Wiederaufblühens der Künste, der kulturelle Zustand der Übergangszeit vom Mittelalter zur Neuzeit, besonders in Italien. Der Begriff steht in Beziehung zum Humanismus, richtet sich aber auf die Gesamtkultur des Zeitraums. In der Kunstwissenschaft ist es die Bezeichnung für die Epoche der europäischen Kunstgeschichte zwischen Gotik und Manierismus bzw. nachfolgendem Barock, die unter Wiederaufnahme antiker Traditionen von Italien ausging, wo sie Anfang des 15. Jahrhunderts einsetzte und 1520/30 endete.
Der Beginn der Malerei der "neuen Zeit" setzte Vasari in den "Viten" mit Giotto an. Mit ihm erschien ein weltgeschichtliches Ereignis, eine Malerei, die die Körper in der Bildfläche mit Licht und Schatten in ihrer Vollrundheit darstellte, gleichzeitig der Komposition Räumlichkeit gab. Der größte Teil der Renaissancegemälde hatte, ohne Bruch mit der Vergangenheit, repräsentative Zwecke zu erfüllen. Auch bei der Porträtmalerei ging es in erster Linie darum Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu ehren und zu verewigen.
Thematisiert werden im Hinblick auf die Porträts u.a. das heilige Antlitz, die Physiognomie - hier ging es einigen Künstlern darum die Seele durch den Gesichtsausdruck zu erläutern -, ferner wird die Idealisierung etc. zum Thema gemacht.

Die Porträts in der Renaissance hatten nicht selten einen kirchlichen Verwendungszweck. Bildnisse von Stiftern und deren Angehörigen in Altarbildern machten es den Angehörigen möglich sich während der Totenmessen der Angehörigen zu erinnern und für deren Seelenheil zu beten. Des Weiteren legten solche Bildnisse aber auch Zeugnis ab von dem Wohlstand, der Abstammung des Toten und der Verehrung bestimmter Heiliger und den engen Verbindungen zu bestimmten religiösen Einrichtungen. Porträts konnten Ersatz darstellen.

Viele Männer waren aufgrund von langen diplomatischen Reisen , militärischen Feldzügen nicht daheim, auch die Heirat in weit weg wohnenden Familien prägten die Einstellung der Menschen zum Porträt.

Seine Vorbildfunktion offenbarte das Porträt immer dann, wenn es berühmte Männer darstellte. Solchen Bilder kam die Funktion zu, die Menschen dazu zu bewegen den tugendhaften Vorbildern der Vorgänger zu folgen.

Neben diesen Funktionen hatte das Porträt in der Renaissance noch zahlreiche weitere, die alle im Buch ausführlich besprochen werden.

Die Werke im Katalog werden alle sehr gut textlich begleitet. Besonders imposant ist Giovanni Bellinis " Bildnis eines Dogen" ( um 1459-1516) . Dieses Bildnis vermittelt zwar den Eindruck der unmittelbaren Präsenz des Dogen, zeitgleich strahlt es Distanz und Strenge aus, wozu die Assoziation mit einer Büste und der zeitlose, einheitlich blaue Hintergrund beitragen.

Sehr interessant finde ich die Gemälde, die dem Liebeswerben und der Freundschaft gelten. In einer Zeit, wo es noch keine Fotografie gab, spielten die transportablen Formen der Porträtmalerei - Gemälde, Porträtminiaturen, Zeichnungen und Medaillen - eine wesentliche Rolle beim Werben und Einfädeln aber auch beim Feiern ehelicher Verbindungen wie auch in den Ritualen und beim Gedenken der Liebe.

Faszinierend sind Dürers "Bildnis der jungen Frau mit gestecktem Haar", 1497, das " Bildnis Agatha von Schoonhoven", 1529 von Jan van Scorel und "Christina von Dänemark", gemalt von Hans Holbein dem Jüngeren.

Heinrich VIII erhielt dieses Gemälde, aufgrund von Heiratsverhandlungen mit der schönen Christina. Obgleich die Verhandlungen zu nichts führten, behielt er Holbeins Porträt.

Die Künstler der Renaissance entwickelten ihre eigenen Ansätze zu Darstellung idealer Schönheit, indem sie eine universelle Anerkennung regelmäßiger Gesichtszüge, neben sich wandelnden Moden in den Gesichtern, Frisur, Kleidung und Körperformen in eigenen Gewichtungen und Übertreibungen in der überzeugenden Darstellung des Gesichts in Gleichgewicht bringen. Hässlichkeit und körperlicher Makel wurden in der Renaissance kaum geduldet und konnten den Unglücklichen zu gesellschaftlicher Ächtung verdammen.

Die Opfer einer Krankheit wurden nicht selten Ziel von Spott und als potentielle Quelle des Bösen gesehen.

Palma Vecchios "Porträt einer Frau - La Bella-" , 1518-20 ist wohl eine archetypische Darstellung weiblicher Schönheit, beruhend auf dem Kanon Petrarcas: "blondes Haar, bleicher Teint, hoher Haaransatz, funkelnde Augen und geschwungene Augenbrauen."
Sehr interessant auch sind die Herrscherporträts, Gemälde von Raffael, Tizian Anthonis Mor. Sie sagen viel über die dargestellten Personen aus. Das Gemälde, das Maria Tudor zeigt, übrigens von Mor auf die Leinwand gebracht, ist zwar künstlerisch wertvoll, aber wenig schmeichelhaft.

Mit ihren wimpernlosen Augenlidern und den schmalen Lippen wirkt die Herrscherin sehr gespannt und alles andere als majestätisch. Ihre Halbschwester Elisabeth erinnerte sich 1565 "wie der König von Spanien die Maler und Gesandten verwünschte, als er Königin Maria zum ersten mal erblickte." " La Bella" hätte Philipp von Spanien gewiss mehr entzückt, allein sie besaß keinen Thron.......
Ein wunderbarer Katalog mit ausgezeichneten Abbildungen künstlerisch wertvoller Porträts interessanter Persönlichkeiten.







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