Unser Alltag ist durchzogen vom umfassend ausgeprägten Marktprinzip. Gefragt ist bedingungsloser Erfolg um jeden Preis. Dass jeder Sieger einen Verlierer benötigt oder ganz viele, nimmt jeder tatsächlich gerne hin? Sighard Neckel hält unserer aktuellen Gesellschaft den Spiegel vor und hinterfragt den allzu schönen Schein der Schönsten, Größten und Besten. Erfolg in diesem Sinne setzt voraus, dass andere Misserfolge haben, so dass die Produktion von beidem permanent wächst. Konkurrenz und Wettbewerb haben enorme Schattenseiten, die Sighard Neckel in diesem Buch treffend beschreibt.
Die Oberflächlichkeit von Erfolgreichen,ihr permanentes Bewirtschaften von kleinsten Marktvorsprüngen, ihr Zurschaustellen von Erfolgen und Statussymbolen, das unbedingte Klammern an erreichten Positionen: alleine das kann andere nerven (sich selbst und vor allem andere) und meist versteckt sich dahinter letztlich nur Unsicherheit bzw. Angst, alles zu verlieren. Für den Erfolgreichen baut sich zudem ein starker, permanenter Erfolgsdruck auf, der dazu führen kann, dass Selbstbewusstsein schwindet, wenn die Erfolgsfaktoren wegfallen.
Wettbewerb darf nach Neckel kein Selbstzweck, Erfolg um jeden Preis nicht der heilige Gral werden. Genau dies höhlt nicht nur das Individuum, sondern eine ganze Gesellschaft aus.
Wettbewerb darf nach Neckel kein Selbstzweck, Erfolg um jeden Preis nicht der heilige Gral werden. Genau dies höhlt nicht nur das Individuum, sondern eine ganze Gesellschaft aus.
Alle sind in diesem Erfolgsstreben immer auf der Flucht nach vorne, ein Erfolg, ein Sieg muss dem nächsten folgen, man ist in einem Laufrad gefangen und muss es immer weiter treiben. Der permanenten Castingshow des Alltags kann man entfliehen, in dem man bewusst die Ziele nicht konkurrenzorientiert, sondern intrinsisch und selbstmotiviert definiert. Die ruhelose Extrovertiertheit schwindet dann und Statussymbole verlieren ihren Wert. Neckel sagt nicht, dass Wettbewerb generell schlecht ist, nur das Rad wurde seiner Meinung nach überdreht. Wir unterliegen alle einem geradezu perversen Konkurrenz- und Listenprinzip, das insbesondere von Medien und Werbung geschürt wird, die ein Bild von Helden und Stars irrlichtern lassen, denen niemand mehr folgen kann und möchte.
Gleichzeitig entsteht das Paradoxon, dass durch echte Leistung immer weniger ein Erfolg wirklich garantiert ist. Die leistungslosen Quellen des Erfolgs - Erbschaften, Vermögenszuwächse, Netzwerke, Spekulationsgewinne oder Prominenz - nehmen zu und lähmen damit Aufstiegschancen von unten. Unser ganzer Alltag BWL-isiert sich, Rendite- und Kostendenken durchzieht nicht nur Unternehmen, sondern auch private Beziehungen, höhlt sie aus, nimmt ihnen die wirkliche Erfolgsbasis. Jeder ist sein eigener Verkäufer, muss sich überall inszenieren, ist geprägt vom Marketingcharakter seiner selbst.
Neckel plädiert dafür, dass nicht mehr so sehr das soziale Durchsetzungsprinzip gelten sollte, sondern die eigenen Maßstäbe unabhängig vom Konkurrenzwert zu anderen. "Allerorts werden Rankings aufgestellt, die bestimmte Platzierungen bewerten. Und es ist ja nur eine Frage der Zeit, dass schon im Kindergarten Zielvereinbarungen mit Dreijährigen abgeschlossen werden." Diesen Unfug zu stoppen, eine Mitte und ein menschliches Maß wiederzufinden, dafür liefert dieses Buch beste Vorlagen, Nachdenkzonen, die uns alle in dieser schnelllebigen Zeit vonnöten sind. Niemand darf sich zu sehr von äußeren Erfolgen oder Wettbewerbsmaßstäben abhängig machen, sondern auf eigene, innere Entwicklungen vertrauen, losgelöst vom Misserfolg oder der Bewunderung durch andere.