Roter Regen: Leichte Geschichten (Gebundene Ausgabe)

"Wir schreiben immer schon lange, bevor wir schreiben ". ( Nooteboom),

Cees Nooteboom las im Dezember 2008 in Frankfurt am Main im Literaturhaus aus " Roter Regen " drei beeindruckende Geschichten vor.

Während er las, beobachtete ich den Vortragenden die ganze Zeit. Dieser für sein Alter blendend aussehende Mann strahlte eine abgeklärte Gelassenheit aus, wie ich sie selten bei einem Menschen gesehen habe. Die Ursache hierfür,- dies ist mir seit der Lektüre seines Buches klar geworden-, sind ganz gewiss seine vielen Reisen, die er im Laufe seines Lebens unternommen hat. Wer soviel gesehen hat, verändert seinen Blickwinkel immer wieder neu und wird, wenn er dabei sehr reflektiert vorgeht, weise. Nooteboom ist es, wie sein jüngstes Werk verdeutlicht.

" Roter Regen " beinhaltet eine Vielzahl autobiographischer Erlebnisse. Geschichten aus dem Jetzt und aus dem Gestern sind aneinandergereiht, teilweise auch verwoben und machen begreifbar, wodurch dieser Schriftsteller zu dem Menschen wurde, der er heute ist.

Man liest von seinen Aufenthalten auf Menorca, wo er ein Sommerhaus besitzt, von seiner Liebe zu lukullischen Genüssen, auch von seinen Kochkünsten, die er mit viel Selbstironie zu zelebrieren weiß.

Das Leben auf der Insel, die Menschen dort, auch die Abgeschiedenheit sind ihm Zeilen wert. Hier hat er Assoziationen, die ihn in eine andere Zeit, in sein frühes Gestern zurückversetzen.

Nooteboom klagt über seine Vergesslichkeit, die allerdings nichts mit seinem Alter zu tun hat. Seine Figuren, seine Erlebnisse sind irgendwann alle in seine Geschichten und Romane eingeflossen. Immer formte er sie auf irgendeine Art um, hauchte ihnen neues Leben ein, doch dadurch waren die realen Personen und Ereignisse plötzlich aus seinem Gedächtnis verschwunden und unauffindbar.....

Er überdenkt das Altwerden und konstatiert, dass eine der Eigentümlichkeiten dieses Altwerdens darin besteht, dass fast alles Erinnerungen wachruft. So erinnert er sich in seinen Geschichten an Vieles, das lange zurückliegt. Aber er lässt auch nicht unerwähnt, dass seine Geduld mit Schwätzern deutlich nachgelassen habe und die Kritik seitens einer neuen, unbedarften Generation von ihm abtropfe. Nooteboom ist ehrlich. Das gefällt mir.

Er erzählt von Reisen in den 50er Jahren, seiner ersten überhaupt mit dem Fahrrad von den Niederlanden nach Belgien und Luxembourg, seinen Tagebucheintragungen und seiner Verwunderung über den Menschen, der er einmal war. Eine Italienreise und weitere Reisen durch Europa folgen, zu diesem Zeitpunkt hat er die Schule schon verlassen auch seine Anstellung bei der Bank aufgegeben. Er ist 21 Jahre alt und schreibt aufgrund seiner Reiseeindrücke sein erstes Buch " Philip und die anderen ".

Er berichtet von der Entstehungsgeschichte und erzählt auch wie er aufgrund dieses Buches seinen späteren Freund Rüdiger Safranski kennenlernt.

In einer der hier vorliegenden Geschichten schreibt er: " Fünf Freunde, Philipp Mechanicus, Rüdiger Safranski, W. L Brugsma, Eddy Hoornik, Eddy Posthuma de Boer, Scherze, Geheimnisse und Erinnerungen, ferne und nahe Reisen, einmalige und immer andere nostalgische und abenteuerliche, bange und heitere, viel davon vergessen und doch unvergesslich. Viel mehr braucht es nicht." Das ist Cees Nooteboom.

Er reist nach Marokko, nach Trinidad, lernt den König von Surinam kennen, erinnert sich an Ibiza im Jahre 1957, und hält sich irgendwann in England auf. Überall sammelt er Eindrücke, selbst auf Tonga in der Südsee. Ein guter Beobachter, der nicht grundlos festhält " wir schreiben immer schon lange, bevor wir schreiben ".

Dieses Schreiben vor dem Schreiben fand bei Nooteboom zweifelsfrei während seiner vielen Reisen statt.




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