Rezension: Helene Lange

Helene Lange (1848- 1930) war niederdeutscher Abstammung und beherrschte bis an ihr Ende das heimatliche Plattdeutsch. Aufgewachsen ist sie im Umbruch zur technisch bestimmten hochkapitalistischen Gesellschaft, in dem sie auch die Stellung der Frau wesentlich veränderte.

Helene verlor früh ihre Mutter und stand zwischen dem Vater, einem kleinen Kaufmann und ihren beiden Brüdern in einer männlich bestimmten Familie. Erst im württembergschen Pfarrhaus nahe bei der Universitätsstadt Tübingen kam sie in Beziehung zur "Wissenschaft", zu diesem Zeitpunkt noch einer rein männlichen Domäne. Sie begann sich gegen die Benachteiligung und Unterwerfung der Frauen aufzulehnen und fragte sie: "Wie könnt Ihr Euch das nur gefallen lassen?"

Wieder zuhause wollte sie nach autodidaktischer Vorbildung ihre Lehrerinnen-Examen machen, doch dies war in Oldenburg nicht möglich. Sie verbrachte daraufhin ein Jahr im Elsass, wo sie vom Pädagogen Jean Marcé stark beeinflusst wurde. 1871 ging sie nach Berlin, um die Lehrerinnenprüfung abzulegen. Als Ziel der Mädchenerziehung sah man damals, dass "das der Mann nicht durch geistige Kurzsichtigkeit und Engherzigkeit seiner Frau an dem häuslichen Herde gelangweilt werde".

In einem entscheidenden Beitrag zur Reform des Mädchenschulwesens liegt Helene Langes große Leistung. Weil sie der Ansicht war, dass männliche Lehrer die zeitgenössischen Probleme der Frau nicht erfassen konnten, trat sie dafür ein, mehr weibliche Lehrkräfte einzusetzen und eine akademische Vorbildung der Lehrerinnen zu ermöglichen. Damals war an eine gemeinsame Schule für Mädchen und Jungs noch nicht zu denken.

Lange begründete auch die ersten "Realkurse für Frauen", die über die bisherige Mädchenbildung hinausführten. Dabei standen sogar Mathematik, Naturwissenschaften und ein Elementarunterricht in Nationalökonomie im Vordergrund. Als sich 1894 Berufs-und Sozialverbände zum "Bund deutscher Frauen" zusammenschlossen, gehörte Helene Lange dem Vorstand an. Bereits 1903 hatte sie die Zeitschrift "Die Frau" gegründet, die zum Zentrum der deutschen Frauenbewegung wurde. Daran und an ihrem "Handbuch der Frauenbewegung" wirkte übrigens auch Gertrud Bäumer mit, die später ihre Nachfolgerin wurde.

1896 machte Lange sich für das Frauenwahlrecht stark. Im März 1919 eröffnete sie dann als Altpräsidentin die erste Sitzung der Hamburger Bürgerschaft. Sie hat die Gleichwertigkeit der Frau betont, den Gedanken der Gleichartigkeit jedoch stets abgelehnt. Ein großartige Persönlichkeit mit viel Herz.




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