Rezensionen: Liebesgedichte an Frauen

Die wunderbaren Gedichte, die in diesem Büchlein enthalten sind, hat der Lyriker und Sänger André Heller ausgesucht. Elke Heidenreich hat ein kleines Nachwort verfasst, in dem sie Textpassagen aus dem ein oder anderen Liebesgedicht interpretiert.

Die Gedichte stammen von namhaften Lyrikern aus vielen Jahrhunderten und es hat mich wenig überrascht, dass Heller  den mittelalterlichen Vers "Du bist min, ich bin din" an den Anfang gesetzt hat. Man weiß heute nicht mehr, wer den kleinen Vers verfasste. Ich mag ihn deshalb besonders, weil der Schreiber, davon spricht, dass seine Minne eine Herzensangelegenheit ist.  Dieses wird heute leider allzu oft vergessen.

Heller geht bei der Präsentation der Gedichte weder in den Jahrhunderten noch im Alphabet chronologisch vor, sondern  setzt Handke neben Butler Yeats,  Hugo von Hofmannsthal neben Sappho und Heinrich Heine neben Ernst Jandel.  Diese Vorgehensweise gefällt mir, weil Heller dadurch anzeigt, dass er nicht die Dichter, sondern deren Liebesgedichte im Vordergrund sieht.

Nicht alle Lyriker schreiben sofort erkennbar liebend , das gilt  z.B. für Handke: "Ich denke begeistert/doch ermangelnd der Liebe/ und möchte ein Gedicht für dich schreiben",  auch Neruda setzt seinem Liebes-Gedicht einen kleinen Dämpfer auf : "Ich hab dich zur Königin ernannt/ Größere gibt es, größere als du./Reinere gibt es, reiner als du/ Schönere gibt es, schöner als du./ Du bist die Königin /". Ebenfalls nicht besonders antörnend lesen sich die Zeilen aus dem Gedicht "Wahre Liebe" von Tucholsky: "Wenn ich so müd nach Hause komm,/ zerredet und zerschrieben:/ dann sitzt du da, so lieb und fromm, / man muss, man muss dich lieben." Ein Liebesgedicht, mit dem man  gewiss nicht jeder Frau Freude bereiten kann.

Auszüge aus dem "Hohelied Salomons" zeigen, dass es auch anders geht. Traurig aber sehr gefühlvoll ist das Gedicht von Christian Hofmann von Hoffmannwaldau "Wo sind die Stunden". Sehr schön  auch sind die beiden Strophen von Hermann Hesses Gedicht "Weil ich dich liebe". Ausdrucksstark sind besonders die Zeilen:..."Und dass du mich nimmer vergessen kannst,/ hab ich deine Seele mit mir genommen/.."

Rilkes Liebesgedichte sind mir immer sehr nah. Die wohl schönsten sind in diesem Gedichtsband beinhaltet. Auch das Gedicht "Abschied" von Hans Georg Bulla berührte mich. Leider nehmen die wenigsten Menschen nach einer vergangenen Liebe Abschied. Vielleicht ist es zu schmerzhaft. Ovids "Liebeselegie" ist Karl Krolows "Ich kann dich im Dunkel sehn" gegenübergestellt und natürlich ist auch Erich Frieds "Was es ist" von Heller nicht vergessen worden.

Beinahe noch besser gefallen als "Was es ist" hat mir Erich Frieds "Aber solange ich atme", doch am meisten berührt hat mich nachstehendes Gedicht:

Sehnsucht
Wo du nicht bist und deiner Augen Schimmer,
Ists dunkel mir;
Auch bei der Kerzen strahlendem Geflimmer
ists dunkel mir:

Selbst bei des Herdes treulich stillen Flammen
ists dunkel mir;
Wo Mond und Sterne leuchten hell zusammen,
Ists dunkel mir;

Der Sonne Licht vermag mich nur zu quälen-
`s ist dunkel mir
Wo du, mein Reh, und deine Augen fehlen,
Ists dunkel mir.
( Bhartrihari)

Bhartrihari  war ein indischer Dichter aus dem 7. Jahrhundert. Er macht in seinen Versen deutlich, dass die Nähe der Geliebten ihn erst glücklich macht und dass er genau weiß, dass ihn die Liebe zu seiner Geliebten und nicht die Liebe zur Liebe zum Schreiben dieses wunderbaren  Gedichtes bewegte.

Bleiben mir nur noch einige  Gedichtszeilen zum Abschluss aus dem Gedicht "Nordwind" aus dem Shijing zu erwähnen:

"Der Nordwind ist kalt;/ Wolken von Schnee verwehn/ Sei gut zu mir,/ liebe mich,/ Fass meine Hand,/ lass uns gemeinsam gehn./.."








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