Rezension:Wilhelmine von Bayreuth: Das Leben der Schwester Friedrichs des Großen (Broschiert)

Uwe A. Oster setzt sich in dieser gut geschriebenen Biographie mit dem Leben von Wilhelmine Sophie Friederike von Brandenburg , der Markgräfin von Preußen ( 1709-1758) auseinander.
Um dem Gefängnis zu entrinnen, zu dem der Berliner Hof unter der Fuchtel des despotischen Friedrich I. geworden war, willigt Sophie Wilhelmine nach mehreren gescheiterten Anträgen ein, einen entfernten Vetter und mutmaßlichen Erben des Markgrafen von Bayreuth zu heiraten.
Die Königin von Preußen ist dermaßen enttäuscht über diese " schlechte Partie " , dass sie ihrer Tochter rät " Sie müssen mir schwören, mit dem Erbprinzen von Bayreuth nicht zu sprechen, ihn keines Blickes zu würdigen und selbst harmlose Höflichkeitsbezeugungen zu unterlassen; kurz Sie sollten wie Bruder und Schwester zusammen leben, denn das ist das einzige Mittel, um ihre Ehe für ungültig erklären zu lassen, weil sie ganz einfach nicht vollzogen wurde..." Als müsste die Königin bestätigt werden, wurde offiziell am Hochzeitstag (30.11.1731) für den Prinzen von Wales um die Hand der Prinzessin angehalten. Trotz der Enttäuschung, um 24 Stunden einen der schönsten Throne Europas verfehlt zu haben, begibt sich Sophie Wilhelmine fröhlich auf die Reise nach Bayreuth, das man ihr wie ein Paradies beschrieben hatte.
Was sie vorfindet ist ein finsteres Nest mit einem baufälligen Schloss, in dessen Fenstern die Scheiben fehlen und dessen Einrichtung aus wackeligen Möbeln besteht.
Der Markgraf, ihr Schwiegervater betrinkt sich dreimal täglich, die Hofdamen sind ausgesprochen hässlich, die Theateraufführung von grotesker Dürftigkeit. Beim Tode derjenigen, die unter dem Namen " Markgräfin von Bayreuth " immer noch berühmt ist, hat die Stadt ein anderes Aussehen und eine andere Seele erhalten und ist zu einem privilegierten Ort des Geistes geworden. Diese Umwandlung ist das Resultat der Markgräfin, die ihren Hof zur Zeit der Aufklärung zu einem der geistigen Mittelpunkte Europas machen wollte.
Voltaire, der nach Bayreuth kommt, nachdem Friedrich II. der Schwester einen Besuch abgestattet hat, erklärt: " Die Stadt ist ein Zufluchtsort mit allen erfreulichen Dingen, die ein Hof bieten kann, jedoch ohne unbehagliche Großartigkeit. "
Die Markgräfin hätte in Wirklichkeit gern " unbehagliche Großartigkeit " in Kauf genommen. Friedrich II., der Hüter des Familienfonds, lässt sich durch Geldforderungen seiner Schwester nicht erweichen und predigt ihr im Gegenteil Sparsamkeit.
Nach dem Brand der Residenz im Jahre 1753 beschließen der Markgraf und seine Frau, eine neue nach ihrem Geschmack- wenn auch nicht mit ihren Mitteln - erbauen zu lassen. Friedrich II. spart diesbezüglich nicht mit Kritik und seine Briefe sind von bitteren Vorhaltungen. Sophie Wilhelmine macht sich aber nichts daraus und lässt ein reizendes Theater errichten, dessen italienische und französische Truppen bereits die Staatseinnahmen verschlingen.
Die Markgräfin ist chronisch krank, wird durch Geldsorgen und Schwindsucht aufgezehrt und ist ein wenig verbittert über ihr Schicksal. So pflegt sie ihre Melancholie in der Umgebung von Bayreuth und zwar in der " Eremitage ", einem Meisterwerk des Rokoko, mit dem ihr Name verbunden bleiben soll.
Dort schreibt sie ihre Memoiren Eine preußische Königstochter: Glanz und Elend am Hofe des Soldatenkönigs in den Memoiren der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, die im Jahre 1742 abgebrochen werden. Sie sind interessante Zeugnisse ihrer Zeit, ebenso spöttisch im Hinblick auf die Sitten und den Ton der deutschen Höfe wie aufschlussreich durch die Vertraulichkeiten der königlichen Familie.
Hier unterhält sie auch ihre umfangreiche Korrespondenz, durch die sie mit dem übrigen Europa in Verbindung bleibt und sich in ihrer Abgeschiedenheit Abwechslung verschafft.
Nun entschließt sie sich - oder vielmehr ihr Mann - ein wenig zu reisen.
Das Fürstenpaar bricht nach Frankreich und Italien auf und dringt bis Neapel vor, wo die von der Romantik berauschte Markgräfin am Grabe Vergils seine Stimme zu hören vermeint.
Der Siebenjährige Krieg bietet Gelegenheit ihr unvermutetes Talent in der Politik unter Beweis zu stellen. Trotz der Abfuhr ihres Bruders hängt sie sehr an ihm, interveniert nach der Schlacht von Kollin zu seinen Gunsten und versucht einen Waffenstillstand auszuhandeln.
Sie intrigiert bis Paris, versucht Madame Pompadour für ihre Zwecke zu gewinnen, die sich aber als unbestechlich erweist. Sophie verzweifelt fast an ihrer Niederlage als der Sieg von Rossbach Friedrich II. rettet.
Der Regierungsantritt des Zaren Peter III. und die Wendung der russischen Politik helfen schließlich dem König von Preußen aus dem Engpass, in den er geraten war.
Das sollte die letzte Freude der Markgräfin gewesen sein , die trotz der Bemühungen des berühmten Tronchin, vorzeitig stirbt.
Bei ihrem Tode widmet ihr der schroffe Friedrich II. seine schönste Lobrede: " Ich habe das Einzige verloren, das ich je auf der Welt respektiert habe. "

Ein interessantes, gut zu lesendendes Buch über eine schöne, gebildete Frau, die lange vor Richard Wagner Bayreuth berühmt gemacht hat.

 

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