Rezension: Die Memoiren meiner Frau

Jan Vanderleyden ist Amtsrichter in Koblenz. Beinahe zehn Jahre jünger als seine Frau Elisa, eine auf die " Fünfzig " zugehende Fernsehfilmschauspielerin, wird er von dieser als " Jan, der Gerechte" charakterisiert. Seine Stiefsöhne nennen ihn seiner übertriebenen sportlichen Aktivitäten wegen " Turnvater Jan ".Dieser grundsolide Protagonist sieht sich selbst als frauenfürchtiges, gerechtigkeitsfanatisches, Enthaltsamkeit übendes, irgendwie calvinistisch- protestantisches Weichei und Hollandradfahrer. Als er sich auf die unmissverständlichen Avancen der selbstbewussten, sexuell enthemmten Polin Zofia einlässt, weiß er nicht wie und was mit ihm geschieht. Letztlich fühlt er sich auf verwirrend angenehme Art fremdbestimmt.

Für sein Verhalten findet er keine Erklärung. Die erfolgreiche Geschäftsfrau Zofia verführt Jan mit ihr gemeinsam ihre abgefahrenen sakral- masochistischen Obsessionen auszuleben. Sie präferiert für diese Zwecke romanische Dome, mit Ausnahme des Wormser Doms, den sie aufgrund der monströsen " Nibelungenweiber" , die sich einst vor dem Gebäude folgenschwer gestritten haben, ablehnt.Streit liegt der Polin fern. Zofia will spielen! Jan lernt durch sie Facetten von sich kennen, die ihn zutiefst verunsichern. All das, was er aufgrund Zofias Ermutigungen in sexueller Hinsicht tut, kann er moralisch nicht akzeptieren.

Jan ist seinen diesbezüglich ausschweifenden Aktivitäten nicht gewachsen und befürchtet pausenlos entdeckt, gesellschaftlich gebrandmarkt oder gar ausgestoßen zu werden. Jan lebt immer mehr zwischen " Lustwahn" und " Raskolnikow´scher Höllenpein". Wie soll der arme Amtsrichter, ein ausgewiesener " Nach - 68er" mit all dem , was ihm hier passiert , fertig werden ? Ist Jan gar ein geschundenes Opfer der neuen Frauengeneration? Während Bruno, ein typischer " Hardcore- Alt -68er" , sich als Ghostwriter an den zunächst vordergründig trögen Memoiren Elisas versucht, durchlebt Jan Lust und Qual seiner persönlichen sexuellen Befreiung....

Ein hochironischer, streckenweise zutiefst sarkastischer Roman, der sich u.a. mit den Idealen, aber auch der Lebenswirklichkeit der " 68er- Generation" auseinandersetzt und die legendäre sexuelle Emanzipationsproblematik zielsicher beleuchtet. Wie so oft, ist nicht alles so, wie es scheint. Die Frage , wer sich hier selbst bestimmt und wer stattdessen verheizt wird, findet durch dieses Buch eine nicht uninteressante Antwort.

Dieser Roman kann mit normalen Maßstäben nicht gemessen werden. Er ist einfach zu schräg.





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