Rezension: Blutige Steine: Commissario Brunettis vierzehnter Fall (Taschenbuch)

Über die Habgier

In Venedig wird ein fliegender Händler auf offener Straße erschossen. Bei diesem Toten handelt es sich um einen Schwarzafrikaner ungeklärter Herkunft. Wie seine Kollegen hat er verbilligt Handtaschen italienischer Nobelhersteller an Touristen verkauft und sich damit bei seriösen venezianischen Kaufleuten, die an Festpreise gebunden sind, keine Freunde gemacht. Durch stets steigende Kosten für Ladenmieten, für Personal und für Staatsabgaben bedeutet dieser unlautere Wettbewerb mit keineswegs imitierten Produkten eine ernst zunehmende Gefährung ihrer Existenz.

Die illegalen Händler sind den Kaufleuten ebenso ein Dorn im Auge, wie deren Hintermänner, die mit den italienischen Lederwaren-Manufakturen offenbar einen Deal vereinbart haben, wonach nachts für den Schwarzmarzmarkt die gleichen Handtaschen produziert werden , wie tagsüber für den legalen Handel. Durch diese Machenschaften bereichern sich nicht nur die Dealer, sondern auch die Manufakturbesitzer zum Nachteil der mittelständischen Geschäftleute. "Vucumpras" sind die schwarzen, unterbezahlten Arbeitsbienen der Dealer, die, sobald Schwierigkeiten auftauchen, auf keinerlei Schutz hoffen dürfen, da sie illegal im Land sind und als Schwarzafrikaner ohnehin keine Fürsprecher haben.

Commissario Brunetti, der zunächst mit dem Fall betraut ist, sucht nach einem Tatmotiv und glaubt es in diesem Problembereich ausloten zu können. Als er jedoch in der illegalen Unterkunft des Ermordeten versteckte Rohdiamanten im Werte von sechs Millionen Euro findet und ihm das Innen- und Außenministerium zeitgleich die Sache aus der Hand nehmen, wird ihm klar, dass dieser Fall einen politisch brisanten Hintergrund haben muss............

Leon macht den Leser in der Folge mit dem internationalen Diamantenhandel vertraut. Detailliert berichtet sie über diesen westafrikanischen Bodenschatz und dem weltweiten Interesse an den lukrativen Schürfrechten. Nicht selten werden im Gegenzug zu Schürfrechten Waffen in Bürgerkriegsregionen geliefert, die jene Seite unterstützen sollen, die sich als die wirtschaftspolitisch nützlicher erweist.

Donna Leon hat in diesem Roman Angola und das Leid der dort lebenden Menschen im Blickfeld und macht dem Leser das Unrecht, das dort der Habgier einer Machtclique wegen geschieht, drastisch bewußt. Außerdem verdeutlicht sie diesbezüglich die undemokratischen Machenschaften und Korruptionshandlungen italienischer Politiker und Beamter. Auch in Brunettis 14. Fall erweist sich die Welt als gleichbleibend schlecht.

Bei aller Unbill findet der gebeutelte Commissario Gelegenheit erfolgreich seinen lukullischen Interessen nachzuspüren und sich am relativ harmonischen Miteinander seiner Familie zu erfreuen.

Rezension Helga König











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