Rezension: Man nehme, so man hat: Von Küchen und Köchen, Genießern und Banausen

Von fadenlosen Bohnen und anderen Köstlichkeiten.


Der italienische Schriftsteller Aldo Buzzi reflektiert in diesem Buch seine vielschichtigen kulinarischen Erfahrungen, die er - aufgewachsen in der Toscana, als Sohn einer deutschen Mutter und eines italienischen Vaters- während seiner Reisen, aber auch zu Hause und schließlich durch diesbezüglich breitgefächerte Lektüre hat sammeln können. Mit antiker Kochkunst hat Buzzi sich auseinandergesetzt, u.a. durch einen berühmten Text des Römers Apicius. Von Stund an hat Buzzi den Ingredienzien der mysteriösen römischen Sauce " Liquamen" nachgespürt, die er schließlich im vietnamesischen " Nuoc-Mam" wiederentdeckt zu haben glaubt.

Neuzeitliche Betrachtungen zum Thema Kultivierung des Geschmacks hat der Autor auch gelesen. So etwa Schriften von Brillat- Savarin, Careme und Dumas. Die Kenntnis der geistigen Grundlagen, die durch all diese Bücher geschaffen wurde, ist notwendig um zu begreifen, weshalb sich die Kochkunst in bestimmte Richtungen entwickelt hat und heute, dort , wo sie noch existiert, sich auf das Wesentliche beschränkende Wege einschlägt. Buzzi erzählt von seinen Reisen durch Spanien und Mexiko, die Türkei, die Schweiz und auch Frankreich. Überall hat er den Köchen in die Töpfe geguckt, um sich ein Bild zu machen von den jeweiligen nationalen Besonderheiten. Landgasthöfe hat er aufgesucht und dabei die Aromen einfacher Suppen analysiert. Er war aber auch bei Drei- Sterne-Köchen zu Gast und ist des Lobes voll, wenn er von Michel Guerard schreibt, der für ihn durch das, was er kreiert, zum kulinarischen Erneuerer geworden ist. Dieser Spitzenkoch vermag offenbar die perfekte Idee eines Produktes durch feinnuancierte Schwerelosigkeit auf den Gaumen des Gastes zu zaubern und ihn hierdurch in ungeahnte geschmackliche Sphären zu versetzen.


Der Autor befasst sich mit der Limone und damit, was man mit ihr geschmacklich auf den Weg bringen kann. Ein paar Seiten widmet er dem Radicchio, wie auch der Schwarzwurzel, die für ihn die Auster unter den Gemüsensorten verkörpert. Weiter bekundet er, weshalb man Tomaten nicht mit Fleisch in Verbindungen bringen sollte. Von Eiern , Lauch, Tauben, Kaninchen und von Kartoffeln ist die Rede und von der Zubereitungsart für nicht wenige leckere Gerichte, die man daraus herstellen kann.


Seine Bemerkungen zu den von Kanton zu Kanton varierenden Zutaten für " Schweizer Rösti" fand ich hochinteressant. Aldo Buzzi weint nicht grundlos in seinen Aufzeichnungen dem Holzofenbrot nach. Man versteht auch, dass dieser Gourmet untröstlich ist, weil sich immer noch nicht der Anbau fadenloser Bohnen durchgesetzt hat, wo doch jeder weiß, dass sie wirklich ungleich besser munden als diejenigen mit dem gebissunfreundlichen Zwirn. Vielem, was delikat ist wird in diesem Buch intellektuell nachgespürt und dabei immer wieder der allgemeine Geschmacksverlust beklagt, der sich durch die pausenlose Werbung für industriell hergestellte Lebensmittel allerorts ergeben hat.

Rezension Helga König






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