Rezension: Fleisches Lust- Feine Fleischküche und Warenkunde


Dass man aus unterschiedlichen medizinischen Gründen nicht zu viel Fleisch essen sollte, kann man fast täglich der Presse und Ernährungsratgebern entnehmen, auch wenn, wie Franz Radatz schreibt, "Entwicklungshistoriker überzeugt sind, dass gekochtes Fleisch einst unser Hirn wachsen ließ." Radatz hebt in seinen Eingangsworten hervor, dass "mehr und mehr Studien belegen, dass Fleisch von verantwortungsvoll gehaltenen Tieren auch gesund für Menschen ist. Er begründet es damit, dass es beispielsweise reich an wertvoller konjugierter Linolsäure ist, die ein "Geheimwaffe" gegen Herz-Kreislauferkrankungen oder Fettsucht sein soll, zudem enthält es viel hochwertiges Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe.

Ich teile die Meinung von Radatz aufgrund vorangegangerer breitgefächerter Lektüre, lebe also nicht vegetarisch, achte beim Einkauf von Fleisch darauf, dass es aus der Produktion von Biobauern stammt und bringe Fleischspeisen nicht täglich auf den Tisch. Wenn ich Fleischgerichte koche, sollen diese auch wirklich gut schmecken, die Zutaten sollen perfekt harmonieren und die Gerichte nicht alltäglich sein. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, bedarf es der Anregung aus guten Kochbüchern."Fleisches Lust" - Feine Fleischküche und Warenkunde- ist eines der besten Kochbücher, das sich mit Fleisch beschäftigt, wie ich während der Lektüre und beim Zubereiten des ein oder anderen Gerichtes feststellen konnte. Es handelt sich bei den Speisen um solche aus der Wiener Küche. Der Herausgeber und fachliche Beirat des Buches ist der Besitzer des größten österreichischen Familienbetriebes Franz Radatz. Die sehr appetitanregenden Fotos stammen aus der Kamera der Starfotografin Luzia Ellert. Die 125 "mal klassisch, mal raffiniert, mal neu interpretierten" Rezepte hat die Wienerin Gabriele Halper realisiert. Die informativen Texte schließlich stammen aus der Feder der Journalistin Elisabeth Ruckser.

Ruckser schreibt zu Beginn einen empfehlenswerten Beitrag mit dem Titel "Das Herz der Wiener Küche- oder: Warum die Wiener schon immer viel von der Fleischzubereitung verstanden haben". Hier habe ich gelesen, dass vor allem gekochtes Rind als das Herz der guten Wiener Küche gilt und musste sofort an meinen österreichischen Urgroßvater denken, der noch im Alter von weit über neunzig Jahren, mit Vergnügen Tafelspitz und Rindfleischsuppen zubereitete.

Das Buch ist untergliedert in: Küchentipps mit den Schwerpunkten Salz und Marinade, große Braten und Fleischstücke, Steak und Sauce sowie Qualität und Quantität. Danach folgen die Rezepte, eingeteilt in solche für Kalb, Rind, Schwein, Lamm und Kitz, Gefügel, Wild und Kaninchen. Grillrezepte werden gesondert abgehandelt und es werden sehr gute Rezepte für Beilagen geliefert. Anhand von Bildtableaus werden vom jeweiligen Tier die Fleischteile gezeigt.

Bei den Tipps zu Beginn werden Fragen wie etwa" Wann soll man Fleisch salzen - vor dem Braten oder nachher?, "Wann ist ein Braten fertig?", " Welche Backtemperatur?", "Wie erhalte ich eine gute Sauce?", "Wie bewahrt man Fleisch auf? Und wie lange?" sehr zufriedenstellend beantwortet.

Die Rezepte sehr gut erklärt. Die Zubereitungszeit wird immer genannt. Die Zutaten sind stets bestens aufeinander abgestimmt. Es handelt sich bei den Rezepturen um solche der guten bürgerlichen Küche, die man problemlos nachkochen kann.

Bei den Kalbsgerichten möchte ich das "Gedünstete Kalbsbries mit Spargel und Morcheln" hervorheben. Allerdings empfehle ich die Haut des Brieses bereits beim Metzger entfernen zu lassen. Ein edles Sonntagsgericht jetzt in der Spargelzeit! Sehr delikat auch ist die Zubereitungsart für die "Geröstete Kalbsleber" und für die "Gedünsteten Kalbsrahmvögerl", bei denen man die unbehandelte Zitronenschale nicht vergessen sollte. Gefallen hat mir ferner das Rezept für "Gefüllte Kalbsbrust". Zu dieser Fleischspeise würde ich nur einen Paradeissalat reichen. Der Erdäpfelsalat macht die Speise zu schwer. Im Übrigen sind allen im Buch näher beschriebenen Fleischrezepten Beilagenmöglichkeiten zugeordnet. Die Rezepte für die Beilagen sind, wie eingangs bereits beschrieben auch diesem Kochbuch zu entnehmen. Natürlich ist auch das "Wiener Schnitzel" abgehandelt. Wirklich delikat wird die Panade, wenn man anstelle von Milch Sahne verwendet.

Bei den Rezepten für Rindfleisch bin ich von den Rostbratenvariationen sehr angetan. Die Tipps für gekochtes Rindfleisch und Rindsuppe habe ich mit großem Interesse gelesen und mit noch größerem Interesse die vielen Rezepte für Rindsgulasch.

Obschon ich Schweinefleisch höchst selten zubereite, hielt ich bei dem Rezept für "Peperonata-Braten" inne. Hier wird die Schweinskarreerose mit einer sehr delikaten mediterranen Gewürzpaste bestrichen, bevor sie ins Ofenrohr gelangt. Mit dem ofenfrischen Baguette als Beilage wirkt das Gericht fast ein wenig provenzialisch.

Neugierig las ich auch das Rezept für Krautrouladen, nicht zuletzt deshalb, weil Krautrouladen seit meiner Kindheit zu meinen Lieblingsgerichten zählen. Die Zubereitungsart im Buch gefällt mir, weil man hier mit Kümmelsamen nicht spart, auch Knoblauch und Majoran nicht vergisst und die Rouladen nicht mit brauner Sauce serviert, sondern nur mit einem Klecks Sauerrahm, so wie die Ungarn das Gericht zu schätzen wissen.

Sehr gut ist das Rezept für "gebratene Lammkeule". Die Keule mit Knoblauchzehen, frischen Rosmarin und Zitronenscheiben zu füllen, halte ich für eine gute Idee, weil diese Ingredienzien das Fleischaroma gut ergänzen.. Ebenfalls sehr lecker ist die "Lammkrone mit Kräuterkruste", zu der- ich stimme Gabrielle Halper zu- am besten Braterdäpfel passen.

Man erfährt in der Folge wie man ein "Brathendl" zubereitet, einen Truthahn füllt und leckeres Hendlgeschnetzeltes zubereitet, wobei die Hendlbrust zunächst mariniert wird, bevor man sie geschnetztelt mit Gemüse brät.

Bei den Wildgerichten erfährt man zunächst wie man eine gute Wildbeize und einen Wildfond zubereitet, bevor man sich in die Rezeptur eines Hischbratens vertiefen kann und u.a. in Kenntnis gesetzt wird, wie man "Hirschragout mit Holler" zubereitet. In der Sauce des Ragouts wird Rotwein und Portwein nicht vergessen, aber auch Bitterschokolade nicht, die den Blutgeschmack sehr gut imitiert.

Noch ein tolles Gericht zur Spargelzeit ist das "Gebratene Kaninchenfilet mit Spargel-Safran-Ragout". Das Kaninchenragout mit Oliven und Kapern" ist eine schöne Sommerspeise, das m.E. von einem Glas Rosé begleitet werden sollte.

Männer, die gerne grillen, werden begeistert sein von den Grillrezepten und sich gewiss überzeugen lassen, dass das Grill-Fleisch aromatischer ist, wenn man es am Vortag in spezielle Marinaden einlegt.

Die Beilagenrezepte sollte man nicht überblättern, speziell das Rezept für "Erdäpfelsalat" nicht, das durch die gehackten roten Zwiebeln und den Hesperidenessig den letzten Kick erhält. Ich bin von der Alternative "Rahm-Gurken-Salat mit Erdäpfeln" noch mehr angetan. Diese Beilage zu einem "Wiener Schnitzel" finde ich besonders lecker.

Übrigens kommen Knödelfans auch auf ihre Kosten und man erfährt auch wie die Wiener ihren Grünen Salat zubereiten. Die Zutaten für die Marinade können Sie meinem Rezensionsblog entnehmen.


Ein wirklich empfehlenswertes Kochbuch


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